dsc01391.jpg
Kanu fahren auf Saale und Unstrut

Der Kanadier (Wer ist das überhaupt?)

Als Kanadier oder Kanu bezeichnet man das von den Indianern bekannte Boot. Es ist wegen seiner hohen Tragkraft ein beliebtes Transportmittel. Geschichtlich geht der Kanadier auf die Rindenkanus der Ureinwohner Nordamerikas zurück. Eine weitere Bootsgattung ist der von den Inuit bekannte Kajak.
Ein Kanadier scheint auf den ersten Blick ein lebloses Objekt zu sein. Ist er aber erst einmal im Wasser, gewinnt er rasch an Temperament. Er bezieht sein Leben aus der Strömung des Wassers und dem Wind. Die Besatzung muss den Kanadier in die gewünschte Richtung zwingen. Es ist wie beim Reiten: Der Kanadier wird den über Bord kippen, der ihm zuviel Spielraum lässt. Aber nicht immer braucht er die starke Hand. Manchmal reichen schon Streicheleinheiten, und er geht lammfromm zur Hand.

Einsteigen und aussteigen (ohne ins Wasser zu fallen)

Alle Paddler mit Blickrichtung zum Bug. Zuerst steigt ein, wer sich am nächsten zum Mittelpunkt des Kanadiers plazieren will, während die anderen den Kanadier festhalten und stabilisieren. Zum Schluss steigt der Hintermann ein, während die anderen vom Kanadier aus sichern und ihn stabilisieren. Diese Reihenfolge ist wichtig, um eine ungleiche Gewichtsverteilung zu vermeiden. Für das Aussteigen gilt dasselbe Prinzip - nur in umgekehrter Reihenfolge. Hier steigt also zuerst der Hintermann aus. Alle Manöver ankündigen! Anlegen sollte man immer gegen den Wind beziehungsweise gegen die Strömung.
Fährt man also flussabwärts, paddelt man rückwärts, stellt das Kanu leicht quer zur Strömung und lässt sich durch die Strömung mit leichter Paddelunterstützung auf die jeweilige Seite treiben. Beim Fahren gegen die Strömung wird das Kanu schräg gegen die Strömung ans Ufer gefahren. Erreicht der Bug das ruhige Randgewässer, wird das Heck herumgedrückt. Während der Drehbewegung hält der Vordermann das Boot am Ufer fest.

Sitzen (und entspannen)

Entspanntes Paddeln bei hohem Schwerpunkt: Beine können durchgedrückt oder unter dem Sitz angewinkelt sein. Beine oder Knie gegen die Bordwand drücken, um Stabilität zu gewinnen.

Knien

Eine sehr stabile Position, in raueren Gewässern sehr zu empfehlen (niedrigerer Schwerpunkt). Die gespreizten Knie liegen auf dem Bootsboden auf, der Po lehnt gegen den Sitz.

Das Paddeln

Beim Vorwärtsschlag bewegt sich der Oberarm von der Schulter aus nach vorn. Wenn man sich in der Taille etwas bewegt und mit der Schulter eine Rollbewegung macht, bringt man die Muskeln des Oberkörpers in die Arbeit mit ein. Die untere Hand dient dabei lediglich als Drehpunkt. Durch die Hebelwirkung wird die Körperenergie am wirkungsvollsten in Bewegung umgesetzt. Nach dem Paddelschlag fällt die obere Hand tief herunter, das Paddel kommt aus dem Wasser und wird horizontal am Boot entlang nach vorne geführt, um den Luftwiderstand zu verringern. (Bei einer guten Technik paddelt der ganze Körper.)

Die Paddelschläge

Paddeln ist nicht so einfach, wie es aussieht! Richtung anpeilen, Paddel ins Wasser und los – das reicht nicht. Der Kanadier wird beim Treibschlag (normaler Grundschlag) immer eine Seitwärtsbewegung vom Paddel weg machen. Das nennt man gieren. Um dem entgegenzuwirken, könnte man nach einigen Schlägen die Seite wechseln, was zur Folge hätte, dass das Kanu zur anderen Seite giert. Doch wer will sich schon im Zickzackkurs vorwärts bewegen?

Der J-Schlag (Hurra!)

Geradeaus fährt man, wenn man am Ende des Schlages das Paddel mit der in Paddelrichtung liegenden Seite vom Bootskörper wegdrückt oder weghebelt. Diesen Schlag bezeichnet man aufgrund seiner Form als J-Schlag. Er dient dazu, den Kanadier im Geradeauslauf zu halten, also das Gieren zu verhindern.

Der Bogenschlag (Aha!)

Wenn man eine enge Kurve in der dem Paddel abgewandten Richtung fahren will, nutzt man den Bogenschlag. Das Paddelblatt beschreibt dabei im Wasser einen Halbkreis. Je weiter man vorne am Boot ansetzt, desto enger wird die Kurve.

Der Paddelausleger

Kommt eine Situation, in der man zu kentern droht, nutzt man den Paddelausleger. Die Paddel rechtwinklig links und rechts aus dem Boot gehalten und leicht auf die Wasseroberfläche (nicht unter Wasser!) gedrückt. Jetzt kann der Kanadier kaum noch umkippen.

Paddeln mit mehreren Personen (Wir sitzen alle in einem Boot)

Der Vordermann benutzt den Treibschlag, der Hintermann lenkt mit dem J- oder dem Bogenschlag.
Große Kurven fährt man, wenn beide Paddler auf einer Seite paddeln. Engere Kurven fährt man, wenn der vordere Paddler am Bug einen J - oder einen Bogenschlag ansetzt. Hierbei sollte der Schlag jedoch kurz ausgeführt werden. Drehen auf der Stelle kann man, wenn der Kanadier angehalten wird, der vordere Paddler rückwärts und der hintere Paddler in gleichem Rhythmus und gleicher Stärke vorwärts paddelt. Bei starker Strömung sollte der vordere Paddler zum J-Schlag übergehen, wenn das Boot anfängt, abzutreiben.
Eine enge Kurve unter wenig Fahrt gelingt auch durch Ziehen. Dabei wird das Paddel weit vom Bootskörper weg ins Wasser gestoßen und mit dem Paddelblatt gegen den Bootskörper gezogen.
Wird diese Technik von beiden Paddlern auf derselben Seite angewandt, so wird das Boot in seiner Länge seitlich versetzt.
Immer gilt: Nie gegeneinander, sondern miteinander paddeln. Einer sollte den anderen unterstützen und ergänzen. Jeder Paddler hat seinen bestimmten Aufgabenbereich. Wenn er und sein Mitpaddler diesen kennen, wird es in einem Boot immer harmonisch zugehen. Vor Beginn der Fahrt sollte ein Bootsführer bestimmt werden, der das Kommando hat.

Anhalten (Notbremse)

Beim Nothalt werden alle Paddel gleichzeitig mit dem Paddelblatt quer zum Boot ins Wasser gehalten. Bei Strömung muss notfalls sogar rückwärts gepaddelt werden.

Seilfähren

Seilfähren ist eine bequeme Art einen Fluss zu queren. Das Wort Seilfähre kommt von der Methode, ein Boot mit Hilfe von Seilen an Bug und Heck von einem Ufer an das andere Ufer zu dirigieren. Das Boot wird mit dem Bug gegen die Strömung gedreht und der Bootskörper leicht gegen die Strömung auf das zu erreichende Ufer hingedreht. Die am Bootsrumpf entlanglaufende Strömung bewirkt eine langsame Seitwärtsbewegung des Bootes vom Ufer weg, wobei es durch die beiden Seile auf Höhe gehalten wird. Das Prinzip funktioniert auch ohne Seile: Mit den Paddeln hält man das Boot immer ein wenig gegen die Strömung geneigt, so dass es ohne große Anstrengung an das andere Ufer treibt. Leichte Paddelschläge vorwärts verhindern ein Abtreiben.

Sicherheit geht vor!

In der Gruppe fahren verringert das Risiko und erhöht die Entleihgebühr :-) ! Gerade als Anfänger sollte man nie alleine lospaddeln. Ebenso wichtig ist die nüchterne Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten. Wir sind eben keine Trapper oder Indianer und wie deren Kinder mit Rindenkanus groß geworden.
Alles Gefährliche meiden! Im Zweifelsfalle das Boot aus dem Wasser nehmen und die Gefahrenstelle umgehen!

Wehre und andere Hindernisse

Wehre sind recht häufig anzutreffen und zudem gefährlich! Die meisten Kanuunfälle passieren hinter Wehren! Nicht die Höhe des Wehres ist dabei der Aspekt für die Gefährlichkeit, sondern die Walze dahinter. Bereits bei einer Wehrhöhe von einem Meter kann die dahinter liegende Wasserwalze das gesamte Kanu unter Wasser saugen und dort halten! Gefährlich sind vor allem die Tosbecken hinter Kastenwehren. Stufenwehre sind dagegen „relativ“ harmlos. Auch Brückenpfeiler sollte man nicht unterschätzen! Die Strömung ist hier wegen der Durchflussverengung oft wesentlich höher. Umgestürzte Bäume, eingestürzte Böschungen oder Untiefen (flache Stellen) können in fast jedem Gewässer auftauchen. Oft waren sie gestern noch nicht da und sind morgen schon wieder weg. Mit natürlichen Hindernissen ist also immer zu rechnen.

Rettungsweste, Schwimmweste und Schwimmhilfe

Schwimmwesten sind reine Schwimmhilfen und bieten bei Ohnmacht keinen Schutz vor dem Ertrinken! Schwimmwesten bestehen aus geschlossenzelligem Weichschaum, dessen Auftrieb auch durch Beschädigung nicht gemindert wird. Schwimmwesten sollten leuchtende Warnfarben haben und zur Sicherheit bei Kenterungen getragen werden, da sie dazu beitragen, schnell an die Wasseroberfläche zu gelangen, schneller in trübem Wasser gefunden zu werden und als Schwimmhilfe und Wärmedämmung bei längerem Wasseraufenthalt dienen. Rettungswesten besitzen einen Kragen, der den Schwimmenden automatisch auf den Rücken und den Kopf nach oben dreht.

Unsere Umwelt

Denken Sie bitte immer daran: Sie sind nicht allein auf dieser Welt - auch wenn Sie in einer völlig einsamen Gegend fahren! Es gibt viele Tiere und Pflanzen, auf die man Rücksicht nehmen sollte. Nicht auf jeder Wiese ist Zelten erlaubt, nicht in jeden Seitenarm darf man hineinfahren. Nehmen Sie bitte einen Müllbeutel mit. Abfälle gehören nicht ins Wasser oder die freie Natur! Offenes Feuer vermeiden - oder aber gründlich ablöschen (eventuell Genehmigung einholen).